Low-Cost bedeutet nicht einfach „billig sein". Es ist eine Strategie, die durch konsequente Effizienz, radikale Vereinfachung und intelligente Skalierung ganze Branchen umkrempelt. Unternehmen wie Ryanair, IKEA oder Aldi haben mit diesem Ansatz nicht nur ihre Kosten gesenkt – sie haben neue Märkte geschaffen und bestehende dauerhaft verändert.
Für KMU und Gründer steckt darin enormes Potenzial. Denn das Low-Cost-Modell ist keine Frage der Unternehmensgröße, sondern der strategischen Klarheit. Wer versteht, wie diese Unternehmen ihre Prozesse gestalten, Assets nutzen und Produkte vereinfachen, kann diese Prinzipien auch im eigenen Business anwenden – und so mit weniger Ressourcen mehr erreichen.
In diesem Beitrag erfährst du, wie das Low-Cost-Modell funktioniert, welche Branchen es bereits erfolgreich einsetzen und wie du die wichtigsten Hebel in deinem Unternehmen nutzen kannst.
Die Erfolgslogik des Low-Cost-Modells
Das Low-Cost-Modell basiert auf sechs zentralen Prinzipien, die ineinandergreifen und sich gegenseitig verstärken. Jedes einzelne trägt dazu bei, die Kostenstruktur zu optimieren – ohne dabei auf Masse oder Qualität zu verzichten.
Vereinfachte Produkte und Services
Low-Cost-Unternehmen konzentrieren sich auf den Kernnutzen. Statt eine breite Produktpalette anzubieten, reduzieren sie das Angebot auf wenige, stark nachgefragte Varianten. Das senkt Komplexität, beschleunigt Entscheidungen und macht Prozesse effizienter.
Beispiel: Aldi und Lidl führen nur rund 1.500 bis 2.000 Artikel – ein Bruchteil dessen, was klassische Supermärkte anbieten. Der Fokus liegt auf Eigenmarken mit hoher Umschlagsgeschwindigkeit.
Standardisierte Assets
Ein weiterer Hebel ist die Vereinheitlichung der genutzten Ressourcen. Ryanair setzt auf eine einzige Flugzeugflotte (Boeing 737), was Wartung, Schulung und Ersatzteile drastisch vereinfacht. Diese Standardisierung reduziert nicht nur Kosten, sondern erhöht auch die Flexibilität.
Hohe Auslastung
Je intensiver ein Unternehmen seine Anlagen nutzt, desto niedriger sind die Kosten pro Einheit. Während traditionelle Airlines ihre Flugzeuge drei Mal am Tag einsetzen, schaffen Low-Cost-Carrier vier oder mehr Flüge. Das verändert die Wirtschaftlichkeit grundlegend.
In der Praxis: McFit-Studios sind 24/7 geöffnet, oft ohne Personal vor Ort. Mitglieder checken sich selbst ein, die Anlagen werden rund um die Uhr genutzt – die Fixkosten verteilen sich auf deutlich mehr Nutzer.
Effizienz durch viele kleine Verbesserungen
Low-Cost-Unternehmen optimieren nicht nur an einer Stelle. Sie setzen auf dutzende kleine Effizienzgewinne – von 1 bis 10 Prozent pro Bereich – die sich in der Summe massiv auswirken. Das ist der sogenannte „Compounding Effect".
Beispiel: Schnellere Flugzeugabfertigung, weniger Personal pro Filiale, automatisierte Buchhaltung, optimierte Lagerhaltung – jede Verbesserung zählt.
80/20-Regel: Fokus auf das Wesentliche
Nicht jeder Kunde, nicht jedes Produkt ist gleich profitabel. Low-Cost-Anbieter konzentrieren sich auf die 20 Prozent, die 80 Prozent des Umsatzes bringen – und ignorieren bewusst Nischensegmente.
Praxisbeispiel: Biedronka (polnische Discounter-Kette) bietet keine exotischen Spezialitäten an, sondern Grundnahrungsmittel und Bestseller. Das erlaubt höhere Stückzahlen, bessere Einkaufskonditionen und geringere Lagerkosten.
Skalierung als Voraussetzung
Das Low-Cost-Modell funktioniert nur in großem Maßstab. Die Margen pro Einheit sind niedrig – Wachstum ist deshalb nicht optional, sondern zwingend notwendig. Wer skaliert, kann Fixkosten auf mehr Einheiten verteilen und bessere Konditionen bei Lieferanten aushandeln.
Praxisbeispiele aus verschiedenen Branchen
Das Low-Cost-Modell ist branchenübergreifend anwendbar. Hier einige der bekanntesten Beispiele:
Fluglinien: Ryanair und EasyJet
Beide Airlines setzen auf standardisierte Flotten, kurze Umschlagzeiten am Boden und Zusatzerlöse durch Gepäckgebühren, Priority Boarding oder Snacks an Bord. Der Ticketpreis ist niedrig – der Gewinn entsteht durch Volumen und Upselling.
Einzelhandel: Biedronka, Aldi, Lidl
Diese Discounter arbeiten mit geringer Sortimentsbreite, hohen Eigenmarkenanteilen und effizienten Logistikprozessen. Die Filialen sind funktional, die Präsentation simpel – der Kunde bekommt Qualität zum niedrigen Preis.
Möbel: IKEA
IKEA revolutionierte den Möbelmarkt durch Selbstmontage, Massenfertigung und geschickte Immobilienverwertung (Restaurants, Kinderbetreuung). Der Kunde übernimmt Teile der Wertschöpfung – und zahlt weniger.
Fitness-Clubs: McFit und Planet Fitness
Diese Studios verzichten auf Saunen, Pools oder Personal Trainer vor Ort. Stattdessen gibt es einfache Geräte, Self-Service-Konzepte und niedrige Mitgliedsbeiträge. Die Masse macht's.
Hotels: Ibis Budget
Ibis Budget konzentriert sich auf das Wesentliche: ein sauberes Bett, funktionales Bad, WLAN. Frühstück gibt es gegen Aufpreis, Check-in oft automatisiert. Das senkt die Betriebskosten pro Zimmer erheblich.
Die Mathematik hinter dem Erfolg
Was Low-Cost-Modelle so erfolgreich macht, ist die Summe vieler kleiner Hebel. Jede Verbesserung von 5 bis 10 Prozent multipliziert sich mit den anderen – und verändert die Gesamtökonomie fundamental.
Beispiel aus der Luftfahrt:
- Mehr Flüge pro Tag: +25 % Auslastung
- Weniger Personal an Bord: -15 % Personalkosten
- Standardisierte Flotte: -10 % Wartungskosten
- Kürzere Bodenzeiten: +20 % Effizienz
In der Summe ergeben sich Kostenvorteile von 40 bis 60 Prozent gegenüber traditionellen Anbietern.
Das zentrale Steuerungsinstrument ist der Return on Assets (ROA): Wie viel Ertrag erzielt ein Unternehmen mit seinen vorhandenen Ressourcen? Low-Cost-Anbieter maximieren diesen Wert durch höhere Auslastung, geringere Fixkosten und schnellere Umschlagsgeschwindigkeit.
Von Low-Cost zu Blue Ocean – der nächste Schritt
Wer nur auf Kostenführerschaft setzt, landet schnell im Preiskampf. Deshalb kombinieren die erfolgreichsten Unternehmen Low-Cost mit Differenzierung – ein Ansatz, den die Blue Ocean-Strategie beschreibt.
Was ist Blue Ocean?
Blue Ocean bedeutet: neue Märkte schaffen, statt in bestehenden zu konkurrieren. Das gelingt durch Value Innovation – die gleichzeitige Steigerung von Nutzen und Effizienz.
Beispiele:
- Starbucks schuf kein Café, sondern einen „dritten Ort" zwischen Zuhause und Büro – mit Wohlfühlatmosphäre, WLAN und hochwertigen Getränken.
- CitizenM revolutionierte die Hotellerie durch stylisches Design, Self-Check-in und zentrale Lagen – bei gleichzeitig niedrigen Preisen.
- Zappos machte aus Schuheinkauf ein Erlebnis mit kostenlosem Versand, 365-Tage-Rückgaberecht und legendärem Kundenservice.
Wie KMU beides verbinden können
Kleine Unternehmen können nicht immer über den Preis gewinnen – aber sie können Effizienz mit einzigartiger Kundenerfahrung kombinieren:
- Automatisierte Prozesse schaffen Raum für persönlichen Service
- Einfache Produkte lassen sich schneller und besser ausliefern
- Fokus auf Nischen reduziert Streuverluste
Praxistipp: Frage dich: Was kann ich weglassen, ohne dass der Kernnutzen leidet? Und wo kann ich durch Automatisierung Zeit für echte Mehrwerte schaffen?
Das 10x Framework – Innovationskraft aus Prinzip
Wer wirklich disruptiv denken will, nutzt das 10x Framework. Es basiert auf dem First-Principles-Ansatz von Elon Musk: Probleme von Grund auf neu denken, statt bestehende Lösungen zu optimieren.
Drei Hebel für radikale Innovation
- 10x schneller: Wie kann ich den Prozess zehnmal schneller machen?
- 10x besser: Wie kann ich die Qualität oder den Nutzen verzehnfachen?
- 10x günstiger: Wie kann ich die Kosten auf ein Zehntel senken?
Anwendung für KMU
Beispiel Buchhaltung:
- 10x schneller: Automatisierung durch Tools wie Lexoffice oder DATEV
- 10x besser: Echtzeit-Dashboards statt Monatsberichte
- 10x günstiger: Cloud-Software statt teurer Einzelplatzlizenzen
Beispiel Kundengewinnung:
- 10x schneller: Automatisierte Lead-Qualifizierung via Chatbot
- 10x besser: Personalisierte Onboarding-Strecken statt Massenmails
- 10x günstiger: Content-Marketing statt teure Messen
Das Framework zwingt dich, radikal zu denken – und öffnet oft unerwartete Lösungswege.
Was Gründer und KMU konkret tun können
Das Low-Cost-Modell ist kein Hexenwerk. Du musst kein Milliardenunternehmen sein, um die Prinzipien anzuwenden. Hier eine Schritt-für-Schritt-Anleitung:
1. Produkt und Zielgruppe radikal vereinfachen
Welche 20 Prozent deiner Kunden bringen 80 Prozent des Umsatzes? Welche Produkte oder Leistungen sind am profitabelsten? Konzentriere dich darauf – und streiche den Rest.
Konkret: Wenn du als Berater 10 verschiedene Pakete anbietest, reduziere auf 3 standardisierte Optionen. Das beschleunigt Verkauf, Abwicklung und Marketing.
2. Prozesse standardisieren
Jeder individuelle Prozess kostet Zeit und Geld. Standardisierung schafft Effizienz.
Beispiel: Nutze Vorlagen für Angebote, E-Mails, Onboarding oder Rechnungen. Setze auf Tools, die wiederkehrende Aufgaben automatisieren (z. B. Calendly, Zapier, Notion).
3. Effizienz kontinuierlich messen und verbessern
Was du nicht misst, kannst du nicht optimieren. Definiere 3 bis 5 zentrale Kennzahlen und tracke sie regelmäßig.
Beispiele:
- Wie lange dauert die Auftragsabwicklung?
- Wie hoch ist die Auslastung deiner Ressourcen?
- Wie viele Leads brauchst du pro Kunde?
Suche dann gezielt nach Verbesserungspotenzialen – auch kleine Schritte summieren sich.
4. Skalierbare Strukturen aufbauen
Viele Gründer arbeiten im Geschäft, nicht am Geschäft. Frage dich: Was funktioniert nur mit mir – und was könnte auch ohne mich laufen?
Konkret: Dokumentiere deine Prozesse, baue Workflows auf und nutze Systeme, die automatisch skalieren (z. B. Online-Kurse statt Einzelcoachings).
5. Wertschöpfung neu denken (Blue Ocean)
Wo kannst du Effizienz mit Differenzierung verbinden? Gibt es einen Markt, den alle übersehen haben? Kannst du durch Weglassen UND Hinzufügen gleichzeitig Mehrwert schaffen?
Tipp: Nutze das Blue Ocean-Canvas, um deine Branche neu zu denken. Was solltest du eliminieren, reduzieren, erhöhen oder neu schaffen?
Low-Cost heißt nicht billig – es heißt intelligent einfach
Das Low-Cost-Modell ist kein Sparmodell, sondern eine strategische Entscheidung. Es bedeutet, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, Ressourcen klug zu nutzen und Wachstum durch Effizienz zu ermöglichen.
Für KMU und Gründer liegt darin eine große Chance: Du musst nicht das größte Budget haben – aber die klarste Strategie. Wer versteht, wie Low-Cost-Unternehmen denken, kann diese Prinzipien im eigenen Geschäft anwenden und so mit weniger mehr erreichen.
Die entscheidende Frage lautet: Wo kannst du vereinfachen, standardisieren und skalieren – ohne dabei deine Einzigartigkeit zu verlieren?
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